272 Hansestadt Lübeck

Die Altstadt Lübecks, bekannt für die unverwechselbare Stadtsilhouette mit sieben Türmen, ist ein außergewöhnliches Sinnbild der Macht und historischen Bedeutung der Hanse, des Bunds der Kaufmannsstädte. 1987 wurde mit der Hansestadt Lübeck erstmals in Nordeuropa ein ganzer Stadtbereich in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben.

 

1143 an der norddeutschen Ostseeküste gegründet, war Lübeck von 1230 bis 1535 eine der wichtigsten Städte der Hanse, welche zu dieser Zeit das Handelsmonopol an Ost- und Nordsee hielt. Die historische Struktur der Altstadtinsel mit ihrem klingenförmigen Grundriss aus der Gründerzeit der Stadt ist trotz Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg gut erhalten und bezeugt die Entfaltung Lübecks zum Handelszentrum Nordeuropas. Die früh ausgeprägte wirtschaftliche und gesellschaftliche Differenzierung innerhalb des Stadtgefüges - im Westen die Kontor- und Wohnhäuser der wohlhabenden Kaufleute, im Osten das Kleingewerbe und die Handwerker - ist noch heute zu sehen. Besonders deutlich wird sie in der einzigartigen Anordnung der Buden, kleiner Werkstätten auf den rückwärtigen Anwesen der Kaufmannshäuser, zu denen ein System enger Gänge führt. Die Stadtarchitektur ebenso wie einige außergewöhnliche Einzelbauwerke in den authentisch erhaltenen Stadtbereichen bezeugen auf außergewöhnliche Weise die Macht und historische Bedeutung der Hanse (Aufnahmekriterium iv).
Die Welterbestätte umfasst, unter Auslassung der nach dem Zweiten Weltkrieg vollständig rekonstruierten Gebiete, drei für die Geschichte Lübecks bedeutende Bereiche: Das erste, zwischen dem Burgkloster, einem Dominikanerkonvent, und dem St. Ägidien-Viertel gelegene Gebiet umfasst unter anderem eine bemerkenswerte Anzahl mittelalterlicher Bauten zwischen Glockengießer- und Ägidienstraße sowie Koberg. Hier ist ein gesamtes Wohngebiet aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Der zweite Bereich, zwischen Petrikirche und Dom, birgt prächtige Patrizierhäuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Das dritte Areal im Herzen der Altstadt erstreckt sich um die Marienkirche, das Rathaus und den Marktplatz und weist noch Spuren der schweren Bombardierungen aus dem Zweiten Weltkrieg auf.
Lübeck ist – wie viele als UNESCO-Welterbe anerkannte Altstädte – eine belebte und bewohnte Welterbestätte. Dadurch stellt sich in besonderem Maße die Herausforderung, Denkmalschutz, langfristigen Erhalt der Stätte und (bau)geschichtliche Erforschung mit nachhaltiger, insbesondere sozial verträglicher Entwicklung zu verbinden. Die Stadt verfolgt gleichermaßen das Ziel, den Anforderungen einer modernen Gesellschaft zu entsprechen und Raum für Kreativität und soziale, kulturelle Entfaltung bieten als auch die historischen Strukturen und Bausubstanz in ihrer Echtheit und Vollständigkeit zu bewahren. Hierzu sind ein entsprechendes Management, die nachhaltige Gestaltung des Tourismus und Welterbeverträglichkeitsprüfungen in Vorfeld von Entwicklungsvorhaben unerlässlich. Ein Beispiel für letzteres ist die 2011 durch die Welterbekoordination der Hansestadt Lübeck veröffentlichte Sichtachsenstudie. Mit dem Thema der welterbeverträglichen Stadtentwicklung befasst sich auch ein Arbeitskreis des Deutschen Städtetages, an welchem Lübeck aktiv mitwirkt.
Nicht nur historisch gesehen spielte Lübeck eine besondere Rolle im Rahmen der Hanse, dies ist auch heute noch der Fall: Die Stadt ist Sitz des Hauptbüros des Städtebundes der Hanse und somit zugleich Teil der Kulturroute des Europäischen Rates „Die Hanse“. Der Städtebund verfolgt auf der Grundlage des grenzüberschreitenden Hansegedankens das Ziel, einen Beitrag zur kulturellen, sozialen und staatlichen Einigung Europas zu leisten und die Zusammenarbeit zwischen den Städten/Gemeinden zu stärken. Eine besondere Rolle nimmt dabei die grenzüberschreitende Förderung der Jugend im Rahmen der Jugendhanse (youthHansa) ein.

Drucken