720 Grube Messel

Die Fossillagerstätte Grube Messel bei Darmstadt in Hessen ist 1995 als erste Weltnaturerbestätte Deutschlands in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen worden. Sie gibt in außergewöhnlicher Weise Aufschluss über die frühe Evolution der Säugetiere. Erhaltungszustand, Menge und Vielfalt der dort gefundenen Fossilien ist einzigartig. Die Grube dokumentiert die Entwicklungsgeschichte der Erde vor 48 Millionen Jahren, als nach dem Aussterben der Saurier explosionsartige Veränderungen die Tier- und Pflanzenwelt bestimmten. Sie stellt eine detaillierte geologische Aufzeichnung des mittleren Eozäns dar und ist von herausragender Bedeutung für die Erforschung der Tier- und Pflanzenwelt dieses Zeitalters.

 

Beim Abbau von Ölschiefer wurden Fossilien in der 190 Meter dicken Ölschieferschicht entdeckt. Der erste Fund war 1876 ein Alligatorenskelett. Auf Grund ihrer fossilen Schätze stellt die Grube Messel die beste Fossillagerstätte zur Erforschung des Eozäns (etwa 56 Millionen Jahre - 33,9 Millionen Jahre v. Chr.) dar (Aufnahmekriterium viii). Die paläontologische Erforschung der Stätte hat zur Entdeckung von Fossilien von mehr als 1.000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten geführt. Unter anderem fand man 30 vollständig gegliederte Skelette. Von Wirbeltieren blieben Skelette mit Weichteilkonturen und sogar Mageninhalten erhalten. Die berühmtesten Stücke sind die fossilen Überreste prähistorischer Pferde wie Eurohippus. Fossilienfunde von Vögeln brachten neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung der frühtertiären Vogelwelt mit einem überraschenden Artenreichtum.
Der außergewöhnlich gute Erhaltungszustand der Fossilien erlaubt präzise Forschungen zur Evolutionsgeschichte sowie den Umweltbedingungen und -veränderungen im Eozän. So konnten unter anderem Studien zur Entwicklung der Echolotung bei Fledermäusen sowie zur Evolution von Primaten, Vögeln und Insekten durchgeführt werden. Die Fossillagerstätte gibt Aufschluss über Kontinentaldrift und Sedimentation, über Ozeanbildung und Landbrücken zwischen sich verschiebenden Kontinenten, über Tiefe und Erstreckung der Biosphäre und über Klima- und Lebenszyklen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch heute noch von Bedeutung für das Verständnis von Entwicklungsprozessen in Klima, Flora und Fauna. Dies ist umso mehr der Fall, als die Grube Messel eines der Eingangstore zum UNESCO-Geopark Bergstraße-Odenwald, mit über 500 Jahren erlebbarer Erdgeschichte, ist.
Um das gesammelte Wissen an Besucher und Anwohner weiterzugeben, wurde ein Interpretations- und Besucherzentrum eingerichtet, das die Bedeutung der Welterbestätte interaktiv vermittelt. An junge Interessierte richten sich beispielsweise spezielle Projekte mit Schulklassen oder das Ferienprogramm „Grube Messel Junior Lotse“. Durch diese Angebote kann nicht nur Wissen über das Naturerbe, sondern auch ein Gefühl der Verantwortung für dessen langfristige Bewahrung geschaffen werden.

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