729 Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar, Dessau und Bernau

Zwischen 1919 und 1933 revolutionierte das Bauhaus als Hochschule für Gestaltung weltweit das künstlerische und architektonische Denken und Arbeiten. Die Bauten der Professoren der Schule – Henry van de Velde, Walter Gropius, Hannes Meyer, Laszlo Moholy-Nagy und Wassily Kandinsky – begründeten die Neue Sachlichkeit, die die Architektur und Kunst des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, in dem sie Kunst und Handwerk zusammenbrachte und sich vor allem auf zweckbetonte Werke konzentrierte.

 

Die Bauhausgebäude in Weimar, Dessau und Bernau sind zentrale Werke der modernen europäischen Kunst und dokumentieren das auf eine radikale Erneuerung von Architektur und Design ausgerichtete Avantgarde-Konzept in seiner einzigartigen und einflussreichen Weise. Sie stehen für die Blüte der Moderne, die hier ihren Ausgang nahm und weltweite Wirkung entfaltete (Aufnahmekriterium ii). Das Bauhaus wurde in aller Welt zum Symbol moderner Architektur und ist untrennbar mit Walter Gropius verbunden. Das Bauhaus selbst und die anderen, von den Bauhausmeistern entworfenen Bauten sind grundlegende Werke der Klassischen Moderne und damit bedeutende Zeugnisse des 20. Jahrhunderts. Die Laubenganghäuser in Dessau und die ADGB-Gewerkschaftsschule sind einzigartige Beispiele für das Streben des Bauhauses nach der Einheit von Praxis und Lehre (Aufnahmekriterium iv). Die Bauhaus-Schule begründete die Avantgarde der Klassischen Moderne, die Kunst und Architektur im 20. Jahrhundert maßgeblich veränderte (Aufnahmekriterium vi). Ihre konsistente architektonische Größe ist eine Erinnerung an das unvollendet gebliebene Projekt „Moderne mit menschlichem Antlitz“, das versuchte, die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht zerstörerisch zu nutzen, sondern aus ihnen ein Lebensumfeld, das der menschlichen Sehnsucht gerecht wird, zu erschaffen. Aus diesem Grund sind sie wichtige Denkmäler, nicht nur für Kunst und Kultur, sondern auch für die historischen Ideen des 20. Jahrhunderts. Sogar die Philosophie der Sozialreform des Bauhauses hat sich als Wunschvorstellung erwiesen, ihre Utopie wurde in der Form der Architektur Wirklichkeit. Die direkte Zugänglichkeit fasziniert noch immer und gehört so zum Welterbe der Menschen weltweit.
Zur 1996 in Weimar und Dessau anerkannten Welterbestätte gehören die ehemalige Kunstakademie, die Kunstgewerbeschule und das Haus am Horn in Weimar, das Bauhausgebäude und die sieben Meisterhäuser in Dessau. In Weimar nahm das Bauhaus 1919 seine Arbeit auf und veranstaltete 1923 seine erste Leistungsschau. In Dessau war die "Hochschule für Gestaltung" ein Pilgerort für Vorreiter der Avantgarde. Walter Gropius, Gründer, Organisator und Propagandist der Einrichtung, entwarf das Gebäude, das 1926 eingeweiht wurde. 2017 wurde die Welterbestätte erweitert um die unter der Leitung des zweiten Bauhausdirektors Hannes Meyer gebauten Laubenganghäuser in Dessau sowie die Bundesschule ADGB in Bernau. Die zur Welterbestätte hinzugefügten Objekte stehen für Pionierleistung in der Geschichte. So stehen die fünf Laubenganghäuser in Dessau-Roßlau exemplarisch für die Entwicklung des Sozialwohnungsbaus in der Zwischenkriegszeit. Die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes war ein zentraler Baustein bei der Entwicklung fortschrittlicher Ausbildungsprogramme in Zusammenarbeit mit Arbeiterorganisationen.

Das Bauhaus repräsentiert den Wunsch, eine moderne Architektur mit den neuen Materialien der Zeit, wie Stahlbeton, Glas, Stahl und Bauverfahren, wie Skelettbau und Glasfassaden, zu entwickeln. Die Bauwerke basieren auf dem Funktionsprinzip, die Form der Gebäude verweigert sich den traditionellen, historischen Repräsentationssymbolen. In einem stark abstrahierenden Prozess werden die architektonischen Formen – sowohl die unterteilte Struktur des Baus als auch die einzelnen Strukturelemente – auf ihre primären Grundformen reduziert. Sie leiten ihren Ausdruck, die Charakteristik modernistischer Architektur, aus einer Komposition ineinander verschlungener Würfel in suggestiver räumlicher Transparenz ab.
Die Welterbestätte kooperiert mit anderen Welterbestätten der Moderne. Gemeinsam mit der Van Nelle Fabrik in Rotterdam wurde eine Ausstellung mit dem Titel „Simultanität der Moderne“ konzipiert. Auch bei der Triennale der Moderne, die alle drei Jahre den Fokus der Öffentlichkeit auf die Stätten der Moderne in Berlin, Dessau und Weimar lenkt, wirkt die Welterbestätte mit.
Darüber hinaus steht die Stätte im Rahmen eines gemeinsamen Marketingverbundes in engem Austausch mit weiteren UNESCO-Stätten in der Region - dem Gartenreich Dessau-Wörlitz, den Luthergedenkstätten sowie dem Biosphärenreservat Mittlere Elbe. Sie tritt damit für den Ansatz der UNESCO ein, das Erbe der Menschheit in all seinen Facetten integriert zu betrachten.

 

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