846 Klassisches Weimar

Im 18. und 19. Jahrhundert war Weimar Zentrum des intellektuellen Lebens in Deutschland und zog Dichter und Gelehrte wie Goethe, Schiller und Herder an. Viele Gebäude und Parks erinnern auch heute noch an die Blüte Weimars in dieser Zeit.
Die Welterbestätte Klassisches Weimar ist ein einzigartiges Zeugnis der Kulturepoche der Weimarer Klassik. In dieser Zeit entstanden literarische Werke von außergewöhnlicher Bedeutung, geprägt von Weltoffenheit, universellem Bildungsanspruch und humanistischem Streben. Weimar wurde zu einem Brennpunkt europäischer Geistesströmungen.

 

Unter herzoglichem Patronat zum Anziehungspunkt der führenden Dichter und Denker des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts geworden, bildete Weimar seinerzeit das kulturelle Zentrum Europas (Aufnahmekriterium vi). Die Weimarer Klassik begann mit der Verpflichtung des Dichters und Herausgebers Martin Wieland durch Herzogin Anna Amalia als Tutor ihrer Söhne im Jahre 1772. Während der Regentschaft des ältesten Sohnes Carl August, geprägt in seiner Erziehung durch Wieland, folgten weitere wichtige Dichter und Denker dem Ruf nach Weimar. Ihren Höhepunkt fand die Epoche in der kreativen Beziehung zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die künstlerische Qualität der zu der Welterbestätte gehörenden Gebäude und Parks bezeugt die außergewöhnliche kulturelle Bedeutung der Weimarer Klassik (Aufnahmekriterium iii). Die während dieser Zeit entstandenen Werke überscheiten in Anspruch, Bedeutung und Wirkung die nationalen Grenzen und beanspruchen einen Rang in der Weltkultur. Im Jahr 2001 wurde der gesamte handschriftliche Nachlass Goethes als ein bedeutendes Werk der Weltliteratur in das Weltregister „Memory of the World“ aufgenommen.
Zu den 12 separaten Gebäuden und Ensembles, die die Welterbestätte bilden, gehören unter anderem das Barockhaus am Frauenplan, in dem Goethe fast 50 Jahre lebte, sowie Garten und Gartenhaus Goethes, das Wohnhaus Herders und die alte Universität, sowie das Schillerhaus. Ebenfalls Teil der Welterbestätte sind Herders Kirche, das Ensemble aus Residenz und Bastille, das Wittumspalais, der Park an der Ilm mit dem Römischen Haus, das Schloss Belvedere und sein Park mit der Orangerie, die Schlösser Ettersburg und Tiefurt mit ihren Parks sowie der historische Friedhof mit den Fürstengräbern. Auch die Anna Amalia Bibliothek mit ihrem berühmten Rokokosaal gehört zur Welterbestätte. Das historische Gebäude bewahrt literarische Zeugnisse vom 9. bis zum 21. Jahrhundert als Quellen der Kulturgeschichte und der Forschung auf und trägt somit zum langfristigen Erhalt von Wissen und kulturellem Erbe bei. Zwei Titel aus dem Bibliotheksbestand sind Teil des Dossiers „Frühe Schriften der Reformationsbewegung initiiert von Martin Luther“, welches 2015 in das Weltregister „Memory of the World“ aufgenommen wurde: Luthers „Biblia, das ist die gantze Heilige Schrifft Deudsch“ aus dem Jahre 1534 und „Ein Sermon von Ablass und Gnade“ von 1518.
2004 zerstörte ein verheerender Brand die oberen Stockwerke der historischen Bibliothek samt der darin enthaltenden Bücher. 2007 konnte das sanierte Gebäude wiedereröffnet werden und ist nun ein eindrücklicher Ausdruck der Notwendigkeit von Katastrophenschutzplänen und Risikomanagement für Welterbestätten, um den langfristigen Erhalt kulturellen und natürlichen Erbes sicherzustellen und zu schützen. Ebenso wichtig sind kontinuierliche Erhaltungsmaßnahmen und ein nachhaltiges Management der Welterbestätten, beispielsweise mit Hilfe eines Managementsplans. Um ein Bewusstsein hierfür zu schaffen und Wissen und Können weiterzugeben, beteiligt sich die Welterbestätte Klassisches Weimar 2017 zum wiederholten Male an dem ProjektWorld Heritage Volunteers der UNESCO. In diesem Kontext wirkte eine internationale Gruppe junger Freiwilliger an der Revitalisierung historischer Wege im Park Belvedere sowie an Erhaltungsmaßnahmen in den Parks an der Ilm, Ettersburg und Tiefurt mit.
Ausgehend vom kulturellen Erbe Weimars gibt es eine Reihe von Forschungsprojekten, darunter diverse internationalen Kooperationen. 2009 wurde beispielsweise das Zentrum für Klassikforschung gegründet, welches fächerübergreifend Klassiken der europäischen Kulturgeschichte untersucht. Das Klassische Weimar ist somit noch immer Mittel- und Ausgangspunkt intellektuellen Schaffens.

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