896 Museumsinsel Berlin

Die Öffnung vormals fürstlicher Sammlungen und Schatzkammern für die Allgemeinheit war eine Forderung seit der Französischen Revolution. 1810 verfügte der preußische König Friedrich Wilhelm III. in Berlin eine öffentliche Kunstsammlung anzulegen. So entstand die Museumsinsel, wie der nördliche Teil der Spreeinsel in Berlin genannt wird.
Sie ist ein einzigartiges Ensemble historischer Museumsbauten von besonderer künstlerischer und geisteswissenschaftlicher Bedeutung. Über die Zeitspanne eines Jahrhunderts erbaut, sind sie Ausdruck der Entwicklung von Museumskonzepten und eindrucksvolles Beispiel der Verschmelzung von Gebäuden und ausgestellten Sammlungen.

 

Den Gedanken der Aufklärung folgend, ist die Museumsinsel die außergewöhnlichste materielle Umsetzung der revolutionären Forderung, Sammlungen für die Allgemeinheit zu öffnen (Aufnahmekriterium iv). Von den berühmtesten preußischen Architekten – Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler – errichtet, zeugt das Ensemble aus Altem Museum, Neuem Museum, Alter Nationalgalerie, Bode-Museum und Pergamonmuseum trotz der über hundertjährigen Bauphase von seltener planerischer und architektonischer Kontinuität. Mit dem Bau des Alten Museums zwischen 1824 und 1828, als erstem öffentlich zugänglichen Museum Preußens, beginnt die Baugeschichte der Museumsinsel. Mit der Errichtung des Pergamonmuseums wurde sie schließlich 1930 vollendet.
Der kulturelle Wert der Museumsinsel ist eng mit ihrer historischen Rolle in der Entwicklung des Gebäudetyps des modernen Museums verbunden (Aufnahmekriterium ii). Zwischen Gebäuden und Sammlungen besteht eine direkte Beziehung, da die architektonischen Formen und Volumina in beinahe organischer Verbindung mit den gezeigten Sammlungen stehen.
So findet sich im Alten Museum eine architektonische Besonderheit: Die Anordnung und Ausgestaltung der Sammlungsräume, die sich um die zentrale Rotunde als dem geistigen Zentrum anordnen. In diesem Kuppelraum sollten, nach Schinkels Vorstellung, die herausragenden Kunstwerke aller Epochen aufgestellt werden und dem Betrachter die Summe des geistigen Erbes als Bildungsziel vor Augen stellen.
Mit der öffentlichen Kunstsammlung steht die bürgerliche Forderung auf Teilhabe unübersehbar im Stadtraum. 1841 verfügte der preußische König und Nachfolger des Gründers, Friedrich Wilhelm IV., die ganze Spree-Insel zu einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft auszugestalten. Die enge Verbindung von Sammlung und Forschung wurde für die Berliner Museen wegweisend.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die fünf Museumsgebäude unterschiedlich stark beschädigt. Mit Ausnahme des Neuen Museums konnten sie nach 1945 restauriert und rekonstruiert werden. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden die auf Ost- und Westberlin aufgeteilten Sammlungen schrittweise wieder zusammengeführt. Für das Neue Museum wurden ab den 1980er Jahren lediglich Notsicherungsmaßnahmen getroffen. Darüber hinaus blieb es auf Grund der starken Schäden für 60 Jahre unberührt. Erst ab 2003 wurde es restauriert und 2009 wiedereröffnet. Die Restauration unter Leitung des britischen Stararchitekten David Chipperfield folgte dem Prinzip der ergänzenden Wiederherstellung, demzufolge die noch erhaltenen Bestandteile des Gebäudes denkmalgerecht restauriert und wo nötig durch neue Bauteile ergänzt wurden. Wie alle weiteren Sanierungen an den Museumgebäuden erfolgten auch Restauration und Rekonstruktion des Neuen Museums auf der Grundlage des Masterplans Museumsinsel. Dieser Masterplan soll gleichermaßen den Schutz der historischen Bausubstanz und eine moderne, besucherorientierte Sanierung sicherstellen. Die Restaurierungsarbeiten am Neuen Museum und den anderen Bauten sind damit ein gelungenes Beispiel von Restauration und Rekonstruktion historischer Bauten nach modernen Standards. Zugleich wird mit dem Masterplan deutlich, dass der langfristige Erhalt der Welterbestätte auch von nachhaltigem Wirtschaften – unter anderem im Zusammenhang mit Tourismus – abhängt.
Die auf der Museumsinsel präsentierten Sammlungen dokumentieren die Entwicklungen der Zivilisationen und den ständigen Austausch zwischen Kulturen, Religionen und Gebieten. Als Orte der interkulturellen Begegnung und der kulturellen Vielfalt spielen die Museen auch heute noch eine große Bedeutung. Insbesondere im Hinblick auf die Integration Geflüchteter und Zugezogener können sie einen Beitrag zu einer inklusiveren, nachhaltigeren Gesellschaft leisten. Das Projekt „Multaka: Treffpunkt Museum - Geflüchtete als Guides in Berliner Museen“, erwachsen aus der Kooperation von vier Museen, bietet die Möglichkeit, die eigene Geschichte in der Fremde wiederzufinden, gemeinsames Kulturerbe zu entdecken und den interkulturellen Austausch zu fördern.

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