1527 Eiszeitkunst und Höhlen

Als sich die ersten modernen Menschen während der letzten Eiszeit vor 43.000 Jahren in Europa niederließen, siedelten sie auch in den zahlreichen Schutz bietenden Höhlen der Schwäbischen Alb. Hier hinterließen sie die ältesten mobilen Kunstwerke der Welt, deren Bedeutung für das Verständnis der Menschheitsgeschichte und die Entwicklung der Künste weltweit einzigartig ist. Die Welterbestätte „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ wurde 2017 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben.

 

Die Welterbestätte „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ ist eine weltweit einzigartige archäologische Fundlandschaft in den Tälern von Ach und Lone im östlichen Teil Baden-Württembergs. Die dort vorhandene Dichte archäologischer Stätten ist außergewöhnlich. An allen Fundorten konnten durch archäologische Ausgrabungen seit den 1860er Jahren Stein- und Knochengeräte sowie Schmuck- und Kunstobjekte freigelegt werden, die zwischen 35.000 und 43.000 Jahre alt sind. Die Höhlen und Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb dokumentieren in herausragender Weise die Kultur der ersten in Europa siedelnden modernen Menschen. Einzigartige Zeugnisse dieser Kultur, die sich in den Höhlen erhalten haben, sind geschnitzte Figuren, Schmuck und Musikinstrumente. Sie gehören zu den ältesten Belegen figürlicher Kunst und den weltweit ältesten bis heute gefundenen Musikinstrumenten weltweit (Aufnahmekriterium iii).
Bisher wurden über 50 aus Elfenbein oder Knochen gearbeitete Figuren gefunden. Die Mehrheit der bislang gefundenen Kunstobjekte bilden die Fauna der eiszeitlichen Landschaft, einer Steppentundra, ab und zeigen Tiere wie das Elfenbein-Mammut aus der Vogelherdhöhle oder auch Wisent, Pferd, Höhlenlöwe oder Höhlenbär und Darstellungen kleinerer Tiere. Besonders hervorzuheben sind die Darstellungen von Menschen sowie Mischwesen von Mensch und Tier. Dazu zählen die Venus vom Hohle Fels, weltweit bekannt als die bisher älteste Frauendarstellung ihrer Art, und der Löwenmensch aus dem Hohlenstein-Stadel. Zudem wurden hier die ältesten bisher bekannten Flöten weltweit gefunden. Sie gelten als der direkte Nachweis, dass die eiszeitlichen Jäger und Sammler bereits Musik machten.
Zu den sechs Teilgebieten der in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommenen Höhlenfundstellen zählen drei Höhlen im nordöstlich von Ulm gelegenen Lonetal (Vogelherdhöhle, Hohlenstein Stadel-Höhle und Bocksteinhöhle) sowie drei Höhlen im westlich von Ulm gelegenen Achtal bei Blaubeuren (Geißenklösterle, Hohle Fels – diese liegt inmitten des UNESCO Global Geoparks Schwäbische Alb – und Sirgensteinhöhle). Die archäologische Forschungstradition in den Höhlen überdauert bereits ein Jahrhundert und bildet mit mehr als dreißig separaten Forschungsprojekten die Grundlage für die Anerkennung als UNESCO-Welterbe.
Die Fundstücke aus den Höhlen befinden sich im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart, im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren, im Ulmer Museum, im Museum der Universität Tübingen und im Archäopark Vogelherd in Niederstotzingen. Die Höhlen sind zu festgelegten Öffnungszeiten zugänglich. Die Exponate wie auch die Möglichkeit für Besucher, die Fundstellen zu besichtigen, dienen der Vermittlung des außergewöhnlichen universellen Wertes der Stätte.

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